Die Idee zu diesem Projekt, das ich im Kunstunterricht einer dritten Klasse verortet habe, entstand während der Auftaktveranstaltung 2017 für „Informatische Bildung und Technik in der Grundschule“, ein niedersachsenweites Projekt des NLQ, an dem unsere Schule teilgenommen hatt. Wir sprachen in der Regionalgruppe über die Codierung von Bildern und diskutierten darüber, wie dies im Unterricht verankert werden könne.
Mir fiel sofort das Kirchenfenster von Gerhard Richter ein, das ich jedes Jahr wieder im Kölner Dom bewundere und das tatsächlich unter Zuhilfenahme eines Zufallsgenerators entstanden ist (und einiger bildnerischer Tricks ;-)). Es besteht aus vielen kleinen Quadraten, die wie Pixel anmuten.
Gerhard Richter ist ein anerkannter zeitgenössischer Künstler und der Zugang zu diesem Werk problemlos im Grundschulalter möglich.
Kinder können sich wunderbar auf Farbigkeit und ungegenständliche Darstellungen einlassen und lieben es, neue Gestaltungsmöglichkeiten auszuprobieren.
Ich habe also eine Einheit erarbeitet, die sich mit dem digitalen Bildaufbau beschäftigt und als Zielsetzung die Nachahmung des Kölner Kirchenfensters von Gerhard Richter als Gemeinschaftsarbeit der Klasse 3c unter Einsatz digitaler Medien hat.
Als Arbeitsmittel sollte neben den üblichen analogen Materialien wie Buntstifte und Papier auch der im Klassensatz vorhandene CalliopeMini (zur Verfügung gestellt vom Land Niedersachsen) mit der Programmieroberfläche Open Roberta Lab eingesetzt werden. Da die Kinder weder den CalliopeMini kannten noch sich mit Coding bekannt gemacht hatten musste parallel zur Kunsteinheit im Sachunterricht die Technik eingeführt werden.
Ich unterrichte in dieser Klasse beide Fächer und habe darum entsprechende zeitliche Flexibilität. Die Klasse 3c besteht aus einer Lerngruppe von 21 Kindern (12 Jungen/9 Mädchen), davon ein Kind, das inklusiv beschult wird sowie zwei afghanischen Flüchtlingskindern.
1.Was sind Pixel: Digitalen Bildaufbau kennenlernen, einfache Codierung von Farbfeldern (zunächst schwarz/weiß- Binärcode, dann farbig-ähnl. Malen nach Zahlen).
2. Eigenes Pixelbild „codieren“ (zunächst analog, dann digital am PC) – bildnerische Darstellung (Minecraft-Figuren waren der Renner)
Parallel dazu im Sachunterricht:
1. Programmieroberfläche kennenlernen und ausprobieren (Scratch – Schleifen programmieren)
2. CalliopeMini kennenlernen und ausprobieren
3. Open Roberta Lab kennenlernen (Schleifen programmieren, Simulator)
Weiter im Kunstunterricht:
3. Bildbetrachtung Kölner Kirchenfenster von Gerhard Richter als Beispiel zeitgenössischer Kunst unter Einsatz digitaler Medien
4. Buntstiftfarben mit Zahlen codieren (sowohl die Qualität als auch die Farbauswahl war bei den Kindern unterschiedlich, die Codierung wurde individuell gewählt), Raster (Quadratform) wurde vorgegeben.
Sachunterricht:
4. Zufallsgenerator programmieren (je nachdem, wie viele Farben man codiert hatte, musste der Zufallsgenerator angepasst werden) und auf CalliopeMini übertragen (Wir haben festgestellt, dass es für eine gute Darstellung einfacher ist, die Zahl als Laufschrift darstellen zu lassen mit einer Zeitverzögerung von 20ms)
Kunstunterricht:
5. Raster unter Verwendung des CalliopeMini in Schreibrichtung mit Farben ausfüllen (Beispiel: Rot ist mit Code 1 belegt, wenn der CalliopeMini also eine 1 ausgibt, wird das nächste Feld in Rot ausgemalt). Hierbei waren Sorgfalt und Farbauftrag sehr wichtig.
6. Fertig gestaltetes Raster ausschneiden, Papier mit Sonnenblumenöl einstreichen (Alte Technik, um Lichtdurchlässigkeit zu erzielen) und laminieren.
7. Fertige Quadrate in Kirchenfensterform anordnen und mit Textilklebeband verbinden.
8. Fenster aufhängen. Staunen über Wirkung. „Das haben wir zusammen gemacht!“
Fazit: Unser Fenster ist wunderschön geworden. Durch unterschiedliche Codierung ist jedes einzelne Raster individuell gestaltet und doch bilden sie ein ganzes Bild. Die Kinder haben (neben den „klassischen“ Lernzielen des Kunstunterrichts) erfahren, wie digitale Bilder aufgebaut sind und wie sie einfache Codes einsetzen können. Sie haben sich währen der Arbeitsphasen ständig miteinander ausgetauscht und sich gegenseitig Kniffe und Tricks gezeigt. Zunächst suchten sie sich bei mir Hilfe, aber nach kurzer Zeit entwickelten sich einige Kinder zu richtigen „Profis“ (wie sie höchst anerkennend genannt wurden), die meine Hilfestellung ablösten. Ich war dann „nur noch“ Lernbegleiter. Den Trick mit der Zeitverzögerung des Zufallsgenerators hat übrigen einer der Jungs gefunden.
Unser Fenster hängt in unserer Schule an einer zentralen Stelle: An dem großen Fenster im Altbau über der „Lehrertreppe“, das ist für die Kids wie ein „Ritterschlag“.
Unser Coding-Projekt ist so besonders, weil es die Programmierung für Kinder in einer ästhetisch einzigartigen Weise erfahrbar macht.