Backen ist Liebe

In arbeitsintensiven oder stressigen Phasen benötigt jeder eine Möglichkeit, sich selbst „runterzufahren“. Je nach Wetterlage habe ich da zwei große Favoriten: Laufen und Backen. Ersteres seit 14 Jahren, zweitens seit knapp 10 Jahren.

Wie das mit dem Laufen angefangen hat – später mehr.

Das Backen lief anfangs so wie vermutlich bei vielen. Waffeln, einfache Rezepturen wie Muffins, klassisch zum Geburtstag und Kaffeebesuch. Meine erste Torte backte ich mit 17, eine Rhabarber – Baiser-Torte nach dem Rezept der Mutter einer Freundin (Landfrauenbackbuch, kann ja eigentlich nix schiefgehen). Wenn man – wie ich – zu Improvisation neigt und Texte gerne querliest, kann man gerade in einem Rezept Dinge „übersehen“, die sich mit Abfolge und Backofentemperaturen beschäftigen.

Mein damaliger Freund (wir waren noch nicht lange zusammen) durfte sie kosten und würgte das erste Stück tapfer runter – der Teig war in der Mitte noch roh. Nachdem die Reste noch einmal im Backofen waren, glich die Baiserhaube einer Mahagoniplatte.

Gut, man lernt aus seinen Fehlern. Diese Torte habe ich bis heute nie wieder gebacken. Dafür viele andere.

Als mein zweiter Mann und ich heiraten wollten, war meine Idee, für die Kaffeetafel zur standesamtlichen Trauung eine große Buchtorte zu backen. Ich trieb mich tagelang in einschlägigen Backforen und auf diversen Blogs herum und beschloss dann, den örtlichen Konditor damit zu beauftragen (eine sinnvolle Idee). Der kreierte eine Torte nach meinen Wünschen (präzise angefertigte Skizze) und alle waren glücklich (naja, ich hätte das schon gerne selber gemacht, aber…).

Einige Zeit später stieß ich auf Facebook (ja, auch ich besaß eine gewisse Zeitlang dort einen Account) auf das Bild einer Motivtorte, die mich an meine Idee erinnerte. Ich fackelte nicht lange, kaufte eine beachtliche Menge Fondant und legte los. Diese erste Torte war ein großzügig mit Buttercreme gefüllter Biskuit, umhüllt von einem Kilo Fondant, den wir zunächst aus Unwissenheit und Neugier mitgegessen haben. Sehr süß, sehr mächtig, Gottseidank klein im Durchmesser.

Während der Schwangerschaft mit Kind 7 lief ich dann zur Höchstform auf: Cakepops, Schokoladenbiskuit, Cupcakes…vor mir war kein Rezept sicher. Ich legte mir eine üppige Grundausstattung an Modelliermessern, Ausstechern, Lebensmittelfarben und Fachbüchern zu und bebackte alles und jeden. Das Kollegium meiner Schule bekam ein süßes Buffet, als ich mich in den Mutterschutz verabschiedete. Ich kreierte Hochzeitstorten, Geburtstagstorten und Einfach-so-Torten. Ich stellte selber Fondant (klebrige und unnötige Arbeit), Buttercreme und Blütenpaste her, bis ich endlich im Pati-Versand (Okay, etwas Werbung, aber der Betrieb befindet sich knapp 10 Kilometer von uns entfernt und ist unglaublich gut sortiert) den Lieferanten meines Vertrauens fand. Meine Torten wuchsen bis zu vier Stockwerke hoch (Für die Hochzeit meiner Schwester legte ich mir dann endlich eine größere Etagere zu).

Ja, auch jetzt (K7 ist 6) freue ich mich noch, wenn ich mich an einer Motivtorte „auslassen“ kann. Aber für den Alltagsgebrauch reicht ein saftiger Rührkuchen oder vanilleduftende Waffeln. Oder ein knuspriges Landbrot.

Was ich am Backen so liebe? Ich habe ein Ergebnis meiner Arbeit, das ich ansehen kann. Das anderen Menschen Freunde bereitet und sie glücklich macht. Ich backe, um etwas zu (er)schaffen. Kreativ zu sein. Das fehlt mir im Lehrerberuf leider ab und zu. Backen kann ich auch, wenn Kinder um mich herumwuseln und mitmachen wollen. Ich genieße das gemeinsame Zusammenrühren der Zutaten, das spannende Warten vor dem Ofen und das augenstrahlende Mampfen, wenn das Gebäck zum Auffuttern freigegeben ist.

Backen ist Liebe.

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