Videokonferenz mit Grundschülern

Meine erste Videochatstunde mit meiner Klasse

Ausgangslage

Ich unterrichte zur Zeit an einer dreizügigen Grundschule im ländlichen Bereich ohne Serverlösung oder Lernplattform. Die Schule wird gerade umgebaut und im Zuge der Neugestaltung sollen dann auch irgendwann Iserv und Co. (hoffentlich bald!) bei uns Einzug halten. 

Die Kinder meiner Klasse haben Grundkenntnisse in Bedienkompetenzen von Word und PowerPoint sowie Internetrecherche und Nutzung von Übungssoftware, dazu erste Kenntnisse von informatorischem Grundwissen. 

Grundgedanke

Die momentane Situation hat viele Kolleginnen und Kollegen dazu gebracht, auf Videochat mit ihren Klassen auszuweichen. Das war auch mein Gedanke, nachdem ich bei meiner Tochter mitbekommen habe, wie sehr die Sozialkontakte doch fehlen (sie „facetimed“ jetzt regelmäßig mit ihrer besten Freundin). 

Nachdem ich mit meinem Seminar sowohl Jitsu als auch Zoom ausprobiert hatte (klarer Favorit bezüglich Performance und Handling ist Zoom), war ich aber fest entschlossen, mit meinen Mäusen das auch zu probieren. Jetzt ist es eine Sache, einen Videochat mit Jugendlichen bzw. Erwachsenen durchzuführen. 

Mit einer Grundschulklasse ist das ein anderer Schnack. Da ploppt das Wort „Datenschutz“ plötzlich ganz groß auf. Und die Tatsache, dass Zoom seinen Server in den USA hat spricht nicht gerade dafür. Ich bin immer dafür, gerade im Grundschulbereich etwas zu etablieren, was sich dann auch außerhalb akuten Krisen- oder Konfliktsituatino bedenkenlos im schulischen Kontext nutzen lässt.

Erste Schritte 

Mir kam dabei Maik Riecken zur Hilfe, der in einer Rundmail vom Medienzentrum Cloppenburg auf das Programm BigBlueButton hingewiesen und mir auf Nachfrage einen entsprechend datenschutzkonformen Chatraum freigegeben hat. Nach einigen Testläufen und Chats mit Ihm war ich dann zuversichtlich, dass es klappen könnte (Danke, Maik, für deine Geduld). BigBlueButton kann übrigens -wie auch Jitsi- auf dem schuleigenen Server installiert werden. Ich holte mir das Okay meiner Schulleiterin ein, um mit den Kids den Versuch starten zu dürfen und informierte auch meine Kollegin, die ja vor Kurzem das Klassenlehrerinnenamt von mir übernommen hat. 

Die nächste Hürde war, die Eltern zu informieren. 

Kurzes Zwischenresümee: 

Was die Kinder haben: Sie können alle mit Tastatur und Maus umgehen, alle haben zumindest ein Gerät zur Verfügung, mit dem sie zu Hause Zugang zum Internet haben. Dazu kommt eine unglaublich hohe Motivation, Neues auszuprobieren und ein in dieser Klasse ausgeprägtes besonders gutes Sozialverhalten.

Was sie nicht haben: Schnelle Internetverbindung, eigene Mailadressen, Erfahrung mit kollaborativem Arbeiten.

Was die Eltern haben: Mailadressen, WhatsAppGruppe, gut funktionierende Vernetzung miteinander, großes Interesse

Was ich habe: Zugriff auf diverse Lern- und Arbeitsplattformen im Internet.

Einen fantastischen medienpädagogischen Berater, der das nötige technische KnowHow hat, um mir einen eigenen Chatroom einzurichten. Genehmigung des Ganzen durch die Schulleitung.

Was ich nicht habe: Mailadressen der Eltern, schnelle Internetverbindung. 

Ich merkte, dass es sich rächt, wenn man die Mailadressen der Eltern nicht schon zu Beginn des Schuljahres abfragt. 

Planung

Also einen anderen Weg wählen. Natürlich existiert auch in dieser Klasse eine ElternWhatsApp-Gruppe, und ich gestehe, ich war noch nie zuvor so froh darüber, dass die Eltern sich auf diesem Wege vernetzen. Ich schickte also eine SMS an die Elternvertreter mit kurzer Info zum Vorhaben und Bitte, die Nachricht an die Eltern zu verteilen. In diese Nachricht erklärte ich kurz den zeitlichen Rahmen und fügte einen Link zu einem GoogleDoc ein, wo ich das Ganze etwas ausführlicher beschrieben habe. In dem Dokument waren auch der Zugangslink zum Chatportal sowie die nötigen Zugangsdaten hinterlegt, verbunden mit der Bitte um Vertraulichkeit.

Es dauerte keine 30 Minuten und die ersten Kinder tummelten sich -teilweise mit Mama und Papa gemeinsam- im Chatraum, um alles erst einmal zu erforschen und auszuprobieren. 

Vielen, vielen Dank noch mal an die wunderbaren Eltern der Klasse, die sich so interessiert und kooperativ gezeigt haben.

Alle haben sich wahnsinnig gefreut, endlich mal wieder ihre Freunde zu sehen – und ich glaube, über mich haben sie sich auch gefreut. 😉 

Ziel des ersten Videochats war, erst einmal ein bisschen den Umgang mit der Plattform zu üben und dann auch ein bisschen Unterricht zu versuchen. 

Tiefgang

Ich bereitete ein Padlet mit einer gewissen Grundstruktur, was die Aufgaben anbelangt, und drei einfachen Regeln vor, in das die Kinder hineinschreiben können.

Diese Woche stelle ich täglich eine neue Lese-, Rechen- und Kreativaufgabe ins Padlet. Die Forscheraufgabe (Brücke bauen und darüber berichten) bleibt Wochenaufgabe. Ich habe noch einmal alle Inhalte des Brückenprojektes für die Kinder In einem Brückenbuch zusammengestellt. 

In der letzte Woche wollten wir ja eigentlich selber Brücken entwerfen, bauen und dazu einen Vortrag halten. 

Das machen wir jetzt online.

Sie können sich zu zweit organisieren, gemeinsam etwas vorbereiten und die Vorträge über unseren Videochat halten. Meine Kollegin kann selber Aufgaben ins Padlet stellen.

Einstieg

Unsere erste Chatsitzung startete etwas hakelig, da 16 Kinder und zwei Lehrerinnen sich gleichzeitig einloggten. Ein lautes Durcheinandergequatsche, Fiepen von Mikrofonrückkopplungen und verzweifelte Versuche, die Kamera zu aktivieren bestimmten die ersten fünf Minuten. 

Dann stellte ich die gesamte Konferenz stumm (bis auf mich als Präsentator) und begrüßte erst einmal alle. 

Wir testeten zunächst die Meldefunktion (Klicke auf deinen eigenen Namen in der rechten Spalte, gehe dann auf „Status ändern“), beschlossen aber, aufgrund der schlechten Sichtbarkeit der Symbole (erscheinen im farbigen Punkt vor dem Namen) auf altbewährtes zurückzugreifen: Die Kinder sollen die Hand heben oder -wenn die Kamera nicht aktiviert werden konnte- ihren Namen sagen. 

Wir testeten die Funktion, gemeinsam das Whiteboard zu gestalten und ganz wunderbar farbige Bilder entstanden.

Auch die Möglichkeit, Textnachrichten zu schicken, fand großes Interesse. Zwar hatte ich das GoogleDoc mit dem Link zum Padlet und einer genauen Bildanleitung die Nutzung von Padlet betreffend erweitert, aber den Link konnte ich ganz unproblematisch auch per Textchat teilen. 

Über den Bildschirmteilbutton zeigte ich ihnen dann das Padlet und konnte auf Fragen direkt eingehen. 

Erarbeitung

Dann habe ich sie alle erst einmal für eine halbe Stunde ans Padlet geschickt, ausprobieren (Funktioniert der Zugang zu Onilo? Klappt das mit den LerarningApps? Kann man im Padlet wirklich schreiben? Ihr seid die ersten, die das testen dürfen..).

Der Chatraum blieb die ganze Zeit geöffnet, ich hatte mich nur stumm und die Kamera ausgeschaltet.

Nach 30 Minuten kurze Feedbackrunde: Onilo funktioniert, Learningapps auch, Schreiben im Padlet hatte sich nur einer getraut – auch das funktioniert. Die Kinder dürfen sich nun dann ganzen Tag daran austoben (Zeitreglement obliegt den Eltern).

Reflektion

Für den ersten Versuch gar nicht schlecht. Ich bin hochzufrieden, mit den Kindern und auch mit mir, denn auch für mich ist der Bereich Videochat etwas total Neues.

Wirklich störend für mich waren übrigens die Hintergrundgeräusche, da keiner der Kids ein Headset nutzte (sind noch nicht wirklich im Gamer- und TeamSpeechalter). Ich werde mir jetzt eins anschaffen und hoffe auf Verbesserung.

Meine Kollegin nahm bei der ersten Sitzung nur als Zuhörerin teil, war aber ziemlich begeistert. 

Die Bitte der Kinder, uns jetzt jeden morgen um 10:00 zu treffen, hat mich natürlich sehr erfreut. Die Aufgaben im Padlet (Per Schülercode Onilo besuchen, eine Aufgabe in Lerarningapps lösen, Brückenforscherbuch und Frühlingsblume basteln) fanden großen Anklang.

In dieser Woche werden wir uns also täglich treffen und uns austauschen. Am Freitag werde ich auch ein erstes Feedback von den Kindern und den Eltern holen und danach intensiv reflektieren. 

3 Gedanken zu „Videokonferenz mit Grundschülern

  • 16. Dezember 2020 um 18:56 Uhr
    Permalink

    Liebe Maria, ich habe mit großem Interesse heute Deinen Bericht über die ersten Schritte in einer Videokonferenz mit Grundschülern gelesen. Vieken Dank fpr die bielen tollen Tipps. Ich hätte auch eine Frage: wie bzw. mit weichen welchen Programm habt ihr das Whiteboard „bemalt“? Geht das nir bei BBB? LG Micha

    Antworten
    • 9. Januar 2021 um 18:18 Uhr
      Permalink

      Liebe Michaela,
      vielen Dank für dein Feedback.
      Das gemeinsame „Bemalen“ eines Whiteboards geht natürlich auch in anderen Videoplattformen über die Freigabefunktion. Aus datenschutzkonforme Gründen nutzen wir hier nur BBB bei Videokonferenzen mit SuS.

      Antworten

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