Unser virtuelles Klassenzimmer

Dienstag, Tag 2 unseres Versuchs.

Pünktlich um 10:00 logge ich mich in den Chatraum ein. Vorher habe ich neue Aufgaben ins Padlet eingepflegt und gemerkt, dass keines der Kinder die Kommentarfunktion genutzt hat. Auch wurden keine eigenen Beiträge eingestellt.

Nachdem sich bei mir gestern nach dem gelungenen Einstieg die erste Euphorie etwas gesenkt hatte, hatte ich mir doch viele Gedanken gemacht.

Mit der Padletlösung bin ich nicht wirklich zufrieden.  Ja, ich kann eine schöne bunte Übersicht der einzelnen Aufgabenbereiche anlegen und die Materialien verlinken, eine klare Struktur für die Kinder schaffen. Eben eine digitale Pinnwand im Internet. Aber.

Ein richtiges LMS ist das Ganze nicht. Um Lerninhalte nicht nur digital zu vermitteln, sondern auch Kollaboration, Feedback und Überprüfbarkeit zu haben, braucht es mehr.

Wichtigstes Kriterium wäre vor allem ein einfaches Händeln für Grundschüler, Kommunikationsmöglichkeit von mir zu ihnen und umgekehrt, Datenablage für Materialien, integrierte Textverarbeitung. Von allen Systemen, die ich bisher kenne, sind zwei geblieben, die mir das zumindest ansatzweise datenschutzkonform ermöglichen (könnten).

Itslearning und IServ. Itslearning wäre sicher irgendwie machbar, zumindest für einen „Testzeitraum“, aber die Kids müssten sich dann in eine völlig neue Umgebung einarbeiten. Das müssten sie beim IServ auch, aber den sollen wir in Grundschule ja sowieso bekommen.

Das derzeitige Angebot der Firma, einen virtuellen Server kostenlos aufzusetzen, gebe ich an meine Schulleitung weiter und bekomme kurz darauf das „Go“ für meine Klasse. Jetzt warte ich darauf, dass die Firma sich zurückmeldet.

Wir starten unseren Videochat mit einer gemeinsamen Begrüßung. Dann bitte ich die Kinder, ihre Mikrofone stumm zu schalten. Nur der, der etwa sagen möchte, darf es wieder aktivieren (Danke an Tim Ka. für den Tipp). Das klappt wirklich gut. Heute sind 12 von 21 Kindern dabei sowie meine liebe Kollegin. Wir testen gemeinsam die Umfragefunktion (leider kann man hier die Frage selber nicht eintippen, sondern nur eine Auswahl an Antworten stellen) und die Funktion des Privatchats.

Wir besprechen gemeinsam das Padlet und die Aufgaben von Montag. Die Kinder haben eine ganze Menge Wünsche und Veränderungsideen, die ich gerne umsetze. Die LearningApps-Aufgabe fanden sie toll, die Onilo-Lesegeschichte auch, nur das dazu verlinkte Material – PDF – war zu umfangreich. Zusätzlich hätten sie ganz gerne noch Aufgaben in Sport und Religion.

Also habe ich für morgen die Sportstunde von ALBA-Berlin eingebaut. Religion ist schon ziemlich speziell und überhaupt nicht mein Bereich. Da werde ich die Kollegin bitten, etwas beizusteuern.

Zum Schluss frage ich noch ab, wer die AntonApp kennt und/oder nutzt. Gerade einmal zwei Kinder melden sich. Ich stelle die App kurz vor und biete an, auf Wunsch einen Account einzurichten. Sie sollen einfach eine Mail mit Betreff „Anton“ an mich schreiben (funfact: so klappt’s dann mit den Mailadressen der Eltern).

Um 10:40 verabschiede ich mich von den Kindern mit einem allgemeinen Händegeschüttel und ihrer Ansage: „Frau Kruse, morgen früh um zehn!“

Ich werde also diese Woche weiterhin jeden Morgen einen Videochat mit den Kindern machen und neue Aufgaben ins Padlet hochladen. Wir besprechen dann im Chat die Aufgaben des vergangenen Tages, wo es Schwierigkeiten gab, was gut lief usw.

Zusätzlich möchte ich den Kindern die Möglichkeit geben, die kostenlose Anton-App zu nutzen, da ich dort als Lehrer gemeinsam mit meiner Kollegin gezielt Aufgabe freigeben kann.

Ein „Lernen“ wie in der Schule ist derzeit nicht möglich, und je länger die Kontaktsperre bestehen bleibt, desto wichtiger ist es – finde ich – andere Wege zu gehen und auszuprobieren.

Ich arbeite intensiv daran, den Kindern mit dem mir gegebenen Möglichkeiten trotzdem einen Lernzuwachs zu ermöglichen und bin sehr dankbar für die breite Unterstützung und Mithilfe der Eltern und Kollegen.

Ein Gedanke zu „Unser virtuelles Klassenzimmer

  • 31. Mai 2022 um 20:35 Uhr
    Permalink

    Danke für das tolle Beispiel! Heike Koch aus Berlin

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