Das Lernen zu Hause (Distanzlernen) muss von der Lehrperson ebenso geplant werden herkömmlicher Unterricht.
Vorerfahrungen und- kenntnisse der Kinder sind insofern wichtiger, als dass sie nun ihre Aufgaben ja mit minimaler Unterstützung erarbeiten sollen. Anders als in der Schule steht hier nicht immer eine Lehrperson helfend und leitend zur Seite. Aufgaben müssen auch im Sinne der inklusive Bestuhlung überdacht und modifiziert werden.
Digitale Medien können hier stützend eingesetzt werden und ermöglichen schon im Grundschulbereich eine deutliche Erweiterung des Lernraumes. Auch die Möglichkeit, den Kontakt zu den Klassenkameraden und den Lehrpersonen zu halten, ist gerade in der Grundschule und den unteren Klassen der Sek I wichtig.
Wir führen nun seit dem Lock-Down zunächst täglich, dann nur noch drei Mal wöchentlich freiwillige Videochats durch: Montags und mittwochs werden dabei hauptsächlich Aufgaben besprochen, die in Deutsch oder Mathe gestellt wurden und bei denen Hilfe benötigt wird. Am Freitag jedoch gibt es immer einen besonderen Wochenabschluss: Einen Ausflug.
Freitags entdecken wir also im Videochat gemeinsam neue Lernräume und erforschen sie. Daran nehmen aber nicht nur die Kinder meiner Klasse teil, sondern auch Kolleginnen und Kollegen sowie Geschwisterkinder und Eltern.
Begonnen haben wir mit dem Ausflug in den Zoo, für den ich ein Padlet mit einer Weltkarte erstellt habe, auf dem alle Zoos mit Webcam vermerkt sind. Wir sind dann gegen die Zeit um die Erde gereist und haben Zoos in Australien, an der amerikanischen West- und Ostküste, in Schottland und in der Schweiz (s. Foto: Tigerfütterung) besucht. Die Kinder haben während der „Besuche“ aktiv mitgemacht. Sie durften im Vorfeld ihr Lieblingstier nennen und es dann – als wir es uns per Webcam angesehen haben – den anderen vorstellen.
Der nächste Ausflug ging dann ins Van-Gogh-Museum, wo wir uns das Bild aus den Kunstaufgabe -die „Mandelblüte“- genauer ansehen wollten. Dazu hatte ich mein iPad per AirServer mit dem MacBook gekoppelt und konnte über Bildschirmfreigabe die Museumsrundgänge der Apps Google Expedition und Google Arts and Culture freigeben. Für Nicht-Kunststudierte bieten sowohl das Van-Gogh-Museum als auch Google Expedition genug Hintergrundinformationen an, um sich in den Rundgang einzuarbeiten. Den Museumsrundgang könnte man auch mit einer 3D-Brille erleben, wenn die technischen Voraussetzungen erfüllt sind. Auf Google Arts and Culture kann man sich die wichtigsten Gemälde der Sammlung ansehen, bei Google Expedition werden mit Hilfe einiger ausgewählter Bilder auch Bezüge zu Van Goghs Wegbereitern und Künstlerkollegen hergestellt (englischsprachig). Hier gab es für die Teilnehmer dieses Ausflugs Beobachtungsaufgaben.
Der nächste Freitagsausflug hatte dann ein ganz anderes Ziel: In der Tageszeitung war ich auf den Bericht einer Landwirtin aus unserer Gegend gestoßen, die kleine Videos aus ihrem Kuhstall auf der Plattform mykuhtube.com veröffentlicht. Nach einem kleinen Ausflug in die Welt der Landwirte beschloss ich, mit meinen Schülern einen Blick in den Stall zu werfen. Ich suchte mir einige Landwirte zusammen, die Webcams in ihren Ställen aufgebaut haben und pflegte diese in ein Padlet mit Karte ein. Da einige meiner Schüler selber auf landwirtschaftlichen Nutzbetrieben leben, entspann sich eine lebhafte Diskussion über Tierhaltung und Stallausstattung. Zum Abschluss sahen wir uns ein Video vom „Weidenauftrieb“ der Kühe des Bauern Stefan aus dem Münsterland an.
Der nächste Ausflug führte uns ganz, ganz weit in die Erdgeschichte zurück: Die supertollen Dinokarten von Areeka waren endlich angekommen und hatten hier bei uns zu Hause wahre Begeisterungsstürme bei meinem kleinen Dinofan ausgelöst. Auch in der Klasse löste die Ankündigung für das Freitagsthema positive Resonanz aus. Der Termin wurde von mir auf 18:00 gelegt, da ich vormittags noch Prüfungen abnehmen musste. Ich führte erneut per Google Expedition durch einige Museen, wo wir uns die Skelette einiger ausgewählter Saurierarten ansehen konnten. Parallel zum iPad hatte ich mein iPhone mit der AR-App von Areeka bestückt und wollte des ebenfalls per AirServer spiegeln. Leider stürzte die App dabei jedes Mal ab, erst die Verbindung des iPhone über Kabelverbindung und der Weitergabe über Quicktime brachte Erfolg. Nun konnte ich zu den Knochengerüsten die passenden Dinos in AR zeigen. Zum Abschluss gab noch einen 360°-Rundgang durch einen Dinopark.
Unser vorerst letzter Ausflug ging heute ins alte Ägypten. Auch hier nutzte ich die Kombination aus Google Expedition und Google Maps. Bei Google Expedition finde ich die Tour „Das Alte Ägypten“ besonders anregend und informativ gestaltet (Danke hier an Marc Albrecht für die Inspiration). In Kombination mit der Tour „Ägypten“ kann man so besonders anschaulich das Leben in Ägypten um ca. 2500 v.Chr. darstellen und den Bau der Pyramiden verfolgen. Besonders spannend fanden die Kinder übrigens die Mumifizierung der Toten. Da einige Eltern schon einmal in Ägypten Urlaub gemacht hatten, war dementsprechend Interesse und Wissen vorhanden und die „Reise“ wurde durch viele Erzählungen und Erklärungen etwas länger als geplant, was aber keinem wirklich auffiel.
Ab Montag geht für die Drittklässler dann der Unterricht in der Schule wieder los. Die „Freitagsexpedition“ haben sich die Kinder trotzdem für die Zukunft als festen Bestandteil des Unterrichts gewünscht.
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