Augmented Reality im Unterricht der Grundschule – Praxisbeispiele

Heute: Der Merge-Cube

Bereits auf dem EduCamp 2018 in Hattingen haben Marc-Albrecht Hermanns, Marc Seegers und ich in einer Session zu AR (nachzulesen hier – mit Dank an Marc) mehrere Möglichkeiten für AR im Unterricht vorgestellt. Die einzelnen Tools (von denen bis auf HP Reveal alle noch nutzbar sind) wurden gleichzeitig mit einigen Einsatzideen versehen. Wirkliche Erfahrungen über den praktischen Einsatz im Unterricht hatte kaum jemand – wie so oft bei „heißem Shice“. 

Auch nach drei Jahren hat sich daran nicht viel geändert –  aus welchen Gründen auch immer wird der Merge Cube in regelmäßigen Abständen als „Neuentdeckung“ gefeiert. 

Der im Original recht kostspielige putzige Würfel kann mehr als über die beiden zugehörigen Apps (MergeViewer und MergeExplorer) die mitgelieferten kostenlosen (und im Abo für 3,49€ monatlich freizuschaltenden) Objekte anzeigen.

Ich finde übrigens auch die Haptik des Originals für den Genuss wichtig – nein, ich werde für diesen Satz nicht bezahlt. Ich habe nur alle Möglichkeiten mit Kindern ausgetestet und schon im Mai 2018 vier der Würfel samt passender VR-Brille gekauft, bevor die Preise so anzogen).

Meine Würfel musste ich dann natürlich im Unterricht verwenden, auch um zu erkunden, ob AR und VR schon in der Grundschule sinnvoll einsetzbar sind.

Zuerst für meine Schülerinnen und Schüler rein konsumierend per App MergeExplorer (damals noch kostenlos mit wenig Funktionen), anschließend selbstgestaltend in Verbindung mit CoSpaceEdu (privat bezahlte Lizenz mit MergeCube-Erweiterung).

Meine Computer-AG bot sich dafür an, in der Kinder aus den dritten und vierten Klassen teilnahmen. Kein Notendruck, keine Stoffpläne, keine Parallelklassen, dafür 60 Minuten wöchentlich Zeit und einen ausreichend bestückten PC-Raum zur Verfügung. Zum Ausprobieren neuer Möglichkeiten ideal. 

Das Thema war schnell gefunden: „I’ve got a feeling“ (Der Song trendete gerade an unserer Schule).

Viele der teilnehmenden Kinder hatten schon ausreichend Programmiererfahrungen durch unsere Teilnahme am Informatikprogramm und nach einem Einstieg über Scratch („Lass unseren Schulnamen fröhlich tanzen“) folgte dann die Einweisung in CoSpace. Hier ist die Programmierumgebung nicht ganz so intuitiv wie bei Scratch, aber dank der alters- und erfahrungsgemischten Gruppe hat es trotzdem gut geklappt. In Tandems erstellten die Kinder zunächst eine einfache Umgebung („Gestalte einen Raum, in dem ihr euch beide wohl fühlt“), die im zweiten Arbeitsschritt dann durch Programmierung interaktiv ausgestaltet werden konnte (z.B. durch Bewegung der Figuren). 

Diese individuellen virtuellen Räume kann man sich natürlich auch auf CoSpace ansehen, doch erst durch Nutzung des MergeCubes entsteht eine Art Hologramm, das man mit dem realen Raum in Verbindung bringen und das einen zusätzlichen hohen individuell-gestalterischen Wert mitbringt. Ja, das können schon Drittklässler. 

Die letzte Aufgabenstellung für den MergeCube war das Erstellen einer weiteren individuellen Umgebung mit Einbindung von Storytelling: „Erzähle in deinem Raum eine Geschichte, die von einem bestimmten Gefühl handelt, das du besonders wichtig findest.“ Für diese Aufgabe wurde den Kindern freigestellt, ob sie alleine oder in Tandems arbeiten wollten. Die Meisten entschieden sich für Einzelarbeit, zwei Teams blieben trotzdem bestehen (dabei handelte es sich jeweils um „best friends“).  

Es entstanden wunderschöne Geschichten, von bunten Einhorn-Regenbogen-Phantasien bis hin zu melancholischen Trauerszenarien. 

Die Kinder durften ihre Szenen dann über die von mir zur Verfügung gestellten Endgeräte (Ipad) per MergeCube an dem von ihnen ausgewählten Ort präsentieren und vorstellen. 

Die Nutzung von CoSpaceEdu in Verbindung mit dem MergeCube ist eine wunderbare, leider aber ziemlich kostspielige Sache. Ich kann verstehen, wenn manch eine Schulleitung ob der Kosten zurückschreckt, denn gerade das Budget der Grundschulen ist eher sparsam bemessen. 

Auf den Einwand einiger Kolleginnen und Kollegen, ob das Ganze denn schon sinnvoll wäre in der Grundschule: Wenn ein sonst eher „leistungsschwaches“ Kind ein Erfolgserlebnis hat, weil es einem ganzen Kurs seine alleine gestaltete und programmierte Weihnachtsszenerie vorführt und dabei die Programmierung der einzelnen Elemente erklärt, dann sollten wir doch einmal überlegen, wie genau wir „Leistung“ definieren und wie „sinnvoll“ manch andere Dinge sind, die im Unterricht ablaufen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.