Vorab: Seit Beginn des Jahres beteiligen sich interessierte Blogger*innen an einer Blogparade. Dabei verfassen alle Interessierten einen Artikel zu einem bestimmten Thema und veröffentlichen diesen bis zu einem festgelegten Datum auf ihrem Blog. In der neuen Ausgabe der Edublogparade 2024 geht es um die Frage, warum man in der heutigen Zeit noch Lehrkraft werden sollte.
Gefragt wird also ein positiver Text zum Lehrberuf, der das „warum nicht“ ausklammert. Ich möchte nichts beschönigen. Natürlich zeigt der Beruf der Lehrkraft (wie jeder andere Beruf) auch Schattenseiten, die nicht beschönigt werden sollen. Aber hier spielt ganz sicher der persönliche Fokus eine ganz große Rolle. Wie blicke ich auf meinen Beruf? Nehme ich die positiven Momente wahr? Erfreue ich mich an Erfolgen? Kommuniziere ich klar, was ich brauche? Meine Haltung kann ich selber wählen.
Als ich 1994 mein Abitur in der Tasche hatte lag mir nichts ferner, als Lehramt zu studieren. Mein Vater war Lehrer am örtlichen Gymnasium (siehe mein Beitrag auf https://köpfchenkunde.de/2024/03/28/blogparade/ ) und natürlich wollte ich in dieser meiner renitenten Phase auf gar keinen Fall in seine Fußstapfen treten. Meine Berufswünsche schwankten bis kurz vor dem Abi noch zwischen Modedesign, Schriftstellerin und Künstlerin. Nach einigen Diskussionen mit der Berufsberatung und den Freundinnen stand für mich fest: Ich wollte Kunst studieren, ausziehen und endlich frei entscheiden können. So der Plan, der ziemlich schnell platzte, da es an den ausgewählten Kunsthochschulen Mappenabgabetermine gab, die ich allesamt verpasst hatte. Völlig ernüchtert diffundierte ich mehrere Wochen durch diverse Nebenjobs, bis eine Freundin Anfang Oktober zur Uni Vechta fahren und sich für Lehramt einschreiben wollte. Sie bot mir an, mich mitzunehmen und aus Langeweile fuhr ich mit.
Als wir abends zurückkamen hatte ich mich für das Lehramt an Realschulen eingeschrieben mit den Fächern Deutsch und Geschichte. Meine Eltern fielen aus allen Wolken, mein damaliger Freund auch.
Ich sah das Studium zunächst als Möglichkeit, der häuslichen Enge zu entfliehen und „erst mal was zu haben“. Das Studentinnenleben habe ich genossen und -nachdem ich endlich eine eigene Wohnung hatten- auch eine gewisse Freiheit.
Nach dem zweiten Semester stand dann das ASP (Allgemeines Schulpraktikum) an. Meine Freundin und Studienkollegin hatte sich bereits gekümmert und für uns beide einen Platz an der Grundschule Wachtum organisiert. Ich bin ihr heute noch dankbar dafür. Nach diesem Praktikum wusste ich genau, dass ich Lehrerin werden wollte und habe im dritten Semester dann meinen Studienschwerpunkt und auch meine Fächer verändert: Lehramt Grundschule mit Deutsch, Sachunterricht und endlich endlich Kunst. Ich habe (nicht nur in diesem Praktikum) viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer kennengelernt, die mich beeindruckt und beeinflusst haben.
Natürlich gibt es sachliche Gründe für die Wahl des Lehrberufes: Eine gewisse Verlässlichkeit (Lehrkräfte werden immer gebraucht), die pünktliche und verlässliche Besoldung und ja, auch die Ferienzeiten (zumindest wenn man Kinder hat).
Aber der Hauptgrund für meine Wahl dieses Berufes ist die Arbeit mit den Kindern, die mich damals wie heute begeistert und meine Haltung prägt: Ich möchte jedem Kind zeitgemäßes Lernen ermöglichen, um bestmöglich auf die Welt da draußen vorzubereiten. Mit viel Herz und Zuspruch, mit Freude und Geduld, mit Diskussionen und Wettbewerben, aber auch mit klaren Grenzen und Regeln.
Ich möchte mit meinen Kolleg:innen ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem jede:r von uns achtsam und effizient agieren kann. In dem kontrovers diskutierten und gemeinsam gelacht werden kann. In dem jede:r seine Kompetenzen und Schwächen zeigen darf.
In den 25 Jahren meiner Lehrerinnenlaufbahn durfte ich Schülerinnen und Schüler an unterschiedlichen Grundschulen, Haupt- und Realschulen begleiten, seit zwei Jahren bin ich nun Schulleiterin der Grundschule Wachtum (zu Schulleitung könnte auch noch ein Blogpost folgen) und mich in diese Rolle ausprobieren.
Ich habe die Berufswahl bis heute nicht bereut, sage aber auch klar, dass nichts in Stein gemeißelt ist. Ich möchte später keine Geschichten im traurigen Konjunktiv erzählen.
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