Ich hatte das Thema Dinosaurier für die Unterrichtseinheit im Fach Kunst gewählt, um dem Wunsch der Kinder nachzukommen. Seit Wochen kam immer wieder die Bitte: „Frau Kruse, können wir nicht mal was mit Dinos machen?“
Die „Dinomania“ hatte bereits im letzten Schuljahr begonnen und war nun so weit fortgeschritten, dass alle bekannten Dinoarten grafisch und malerisch auf Papier festgehalten worden waren.
Daher beschloss ich, diese Urtiere figürlich (dreidimensional) zu gestalten. Ich entschied mich für Alufolie, um das „Grundgerüst“ zu formen, und Toilettenpapier für die „Haut“. Alufolie hatte ich noch nie „verbaut“, aber ich hatte das schon einmal irgendwo gesehen. Toilettenpapier mit Tapetenkleister war dagegen eigentlich eine sichere Nummer, denn das Toilettenpapier ist weicher und saugfähiger als traditionelles Zeitungspapier. Allerdings hatte ich bislang mit allen anderen Klassen immer Doppelstunden zum Kleistern, und nun standen mir nur 45 Minuten ohne Fachraum zur Verfügung.
Tapetenkleister birgt als Material andere Schwierigkeiten: Die Haptik ist für einige Kinder zu „schleimig“, während andere sie sehr genießen und beim Verarbeiten eskalieren. Der schleimige Kleister trocknet an der Luft recht schnell aus, in einem verschlossenen Behälter gammelt er gerne nach wenigen Wochen. Eine Alternative war in meinen Augen sinnvoller.
Erste Selbstversuche mit Alufolie glückten, und so starteten wir unser Dinoprojekt voll motiviert. Obwohl mein ökologisches Gewissen etwas gedrückt wurde, reizte und motivierte das neue Material die Kinder, die hellauf begeistert waren. Bis das erste Dinobein nicht am Körper bleiben wollte – weil sich Alufolie eben nicht direkt verbindet. Also improvisieren und eine weitere Aluhülle darüberdrücken. Noch schwieriger gestaltete es sich bei speziesbedingten Feinheiten wie Schuppen, Stacheln oder Flügeln – da gab es dann leider frustrierende Momente. Später merkte ich, dass Heißkleber hier geholfen hätte. Hätte.
Nach drei Wochen mit je einer Stunde Kunst waren fast alle Körper bereit für die Toilettenpapierhülle. Um der Schleimproblematik des Kleisters zu entgehen, hatte ich die tolle Idee, Wasser in einem Becher mit Bastelleim und direkt mit Temperafarbe zu vermischen und damit das Toilettenpapier mit der Farbe auf die Alufolie zu kleben. Funktionierte im Selbstversuch sehr gut. Mit ungeduldigen Zweitklässlern gestaltete es sich jedoch sehr schwierig. Das Toilettenpapier klebte bei einigen wunderbar auf Tischen, Hosenbeinen und Stühlen, blieb aber nicht auf dem Dinokörper. Zu schmale Pinsel nahmen nicht genug Leimfarbwasser auf und sorgten für Frust. Die Kinder und ich diskutierten Möglichkeiten und Alternativen, von Panzertape bis Sprühlack.
In der nächsten Stunde brachte ich dann doch Tapetenkleister mit, das Zeug, das man direkt in der Packung anmischen und dann mit Temperafarbe in Pappbecher abfüllen kann.
Nun klebte alles so richtig und überall. Nach und nach bekamen die Dinos ihren coolen Look. Ich bin unserer Reinigungskraft und meiner Kollegin, der Klassenlehrerin, übrigens immer noch sehr dankbar für ihr Verständnis.
Nach sechs Wochen und mehreren Paketen Kleister waren die meisten der Dinos endlich mit einer farbigen „Haut“ versehen. Die Kinder waren alle sehr stolz auf ihre Ergebnisse und nahmen die Idee, die Dinos auf dem Schulhof „im natürlichen Habitat“ zu fotografieren, begeistert an.
Die Experimentierfreude und Gestaltungslust der Kinder sowie das Vertrauen, irgendwie eine Lösung zu finden, haben mich davon abgehalten, das Ganze vorzeitig abzubrechen, denn meine eigentlich recht starken Nerven kamen zwischenzeitlich ziemlich dicht an die Grenzen.
Ob ich diese Einheit bereue?
Nein.
Selten habe ich so viel gelernt wie in den Stunden, die nicht so liefen wie geplant. In denen das Lernziel nicht oder nicht vollständig in der geplanten Zeit erreicht wurde. Die keine perfekten Ergebnisse brachten, in denen ich mich aber gemeinsam mit den Kindern auf ein Experiment eingelassen habe. In denen ich ganz viel Geduld mit mir, meinen Erwartungen und meinem Perfektionismus haben musste.
Ich bin nicht gescheitert.
Ich habe dazugelernt.
Die Kinder haben das Lernziel der Einheit auf einem anderen Weg und in einem anderen Tempo erreicht als zuvor geplant.
Das sind übrigens die Alternativen, die ich vorher durchdacht hatte:
- Körper aus Toilettenpapierrollen, Luftballons, Klebeband und Gipsbinden (zu kostspielig, überall Gipsschleier)
- Körper aus Ton (wir haben keinen Brennofen, keinen Platz zum Lagern)
- Körper aus Draht und Pappmaché (Draht schwer zu formen)
- Körper aus Pappe ausschneiden und mit Pappmaché gestalten (nicht dreidimensional)
Hast du vielleicht noch Ideen oder Erfahrungen, die mir beim nächsten Mal helfen könnten?











