Tag drei unsere „virtuellen Klassenzimmers“ und es stehen zwei Geburtstage auf dem Kalender, die gewürdigt werden sollen.
Doch zunächst die Vorbereitungen für die heutige Sitzung. Gestern hatte ich im Auftrag meiner Schulleitung den virtuellen Iserv beantragt, heute wurde er freigeschaltet. Ich bin glücklich. Endlich eine Möglichkeit, Material zu teilen, gemeinsam Texte zu bearbeiten, zu kommunizieren. Es gibt für jedes Kind eine eigene Mailadresse und einen Chat. Die Zugangsdaten werde ich per Post verschicken, damit alle Eltern zumindest informiert sind.
Denn noch immer haben sich nicht alle Kinder im Chatraum angemeldet. Ich mache mir – wie wahrscheinlich viele KuK derzeit – viele Gedanken, wie ich alle meiner Schüler erreichen kann. Ewas ist mit Kindern, die nur sehr begrenzten Zugang zum Internet haben? Die in Flüchtlingswohnheimen leben? Oder in Wohngruppen, deren Bestimmungen ziemlich streng sind?
Wie ist das denn mit der Chancengleichheit bei uns? Es kann doch nicht im Sinne der Politik sein, dass ich alle meine Schüler mit analogem Material per Post versorge, wenn die momentane Situation „in die Verlängerung“ geht? Können nicht flexiblere Lösungen gefunden werden? Z.B. die Möglichkeit, sozial schwachen Familien mindestens ein Gerät zur Verfügung zu stellen (Leihgeräte)? Und endlich jede Milchkanne schnelles Internet bekommt?
Darf ich überhaupt davon ausgehen, dass alle Eltern mein Vorhaben unterstützen? In Niedersachsen momentan nicht. Da gilt die Erlasslage:
Der Unterricht entfällt ersatzlos. Daher sind die Lehrkräfte nicht verpflichtet, den Schülerinnen und Schülern Materialen zur Verfügung zu stellen und Aufgaben zur Bearbeitung zu übermitteln. Aufgaben, die seitens der Schulen gestellt werden, haben freiwilligen Charakter und dürfen nicht in die Leistungsbewertung einfließen. Dass sich viele Lehrkräfte dessen unbenommen darum kümmern, dass ihre Schülerinnen und Schüler Aufgaben erhalten, um zu lernen und Wissen zu erwerben, ist mit Blick auf den allgemeinen Bildungsauftrag zu begrüßen und belegt die hohe Professionalität vieler niedersächsischer Lehrkräfte. Lernen ist erwünscht. Niedersächsisches Kultusministerium, Stand 20.3.2020
Heißt im Klartext, ich darf mich freuen über die Eltern und Kinder, die mitmachen (und das freut mich auch wirklich). Die Aufgaben dürfen aber nur Wiederholungen sein bzw. außerhalb des Lehrplans liegen, da sonst ein Nachteil für die Kinder entstehen würde, die sich – aus welchen Gründen auch immer – eben nicht beteiligen (können). Wie diese Nachteile behoben werden können – man weiß es nicht.
Ich bin dankbar für meine Schulleitung, die mich ausprobieren lässt, und nicht auf den „Gleichschritt“ im Kollegium pocht. Vielleicht ist das in der derzeitigen Situation auch einfach noch nicht Thema.
Das Angebot, den Kindern einen kostenlosen Zugang zur AntonApp einzurichten, haben bislang sechs Eltern angenommen, also etwa ein Drittel der Klasse.
Vor diesem Hintergrund habe ich einen Lesetext ausgesucht, zu dem es morgen ein Quiz geben wird. Die Rechenaufgabe stammt dieses Mal aus dem Bereich Kombinatorik.
Ich habe mich entschlossen, die Aufgabe im Bereich Brücken (Brücke bauen und Vortrag halten) als freiwillig auszugeben. Wer will, kann das jetzt schon machen. Wer nicht, wartet eben, bis die „richtige“ Schule wieder anfängt. Zusätzlich haben ich ein neues Padlet angelegt mit einer Karte, in die meine SuS besonders interessante oder bekannte Brücken eintragen dürfen (Danke für die Karteninspiration, liebe Frau Dromedar). Dazu sollen sie sich ein oder zwei Knobelaufgaben für ihre Mitschüler ausdenken.
Im Sportbereich habe ich die Sportstunde von ALBA-Berlin eingefügt, ein tolles Angebot. Und über diverse Nachrichtenkanäle wurde auf das Live-Konzert von Volker Rosin hingewiesen, das ich jetzt als Musikstunde deklariert und verlinkt habe – Mitsingen und-tanzen ausdrücklich erwünscht.
Apropos Singen: Wir werden immer routinierter im Videochat. Nachdem wir probehalber gestern alle Mikrofone stumm geschaltet haben (nur der, der etwas sagen möchte, schaltet es ein), versuchten wir das Selbe heute auch mit den Kameras. Die Performance war ungleich besser! Eins der Geburtstagskinder war heute anwesend und kam in den ganz besonderen Genuss eines mit viel Gefühl gesungenen Ständchens via Videochat, für das wir -neben Begrüßung und Verabschiedung – alle Kameras wieder aktivierten.
Für morgen haben die Kinder sich ein Spiel gewünscht, was man auch ohne Kamera spielen kann. ich muss da noch mal in mich gehen, was möglich wäre.
Morgen möchte ich die ersten Schritte mit dem Iserv wagen, bin mal gespannt, ob es klappt. Stay tuned!